Dorothea hat am Dorfplatz einen alten Tapeziertisch aufgebaut. Darüber liegt eine bereits abgenutzte, mit Farbflecken übersäte Maltischdecke. Auf dem Tisch stehen mehrere Becher und Schachteln mit Stiften, Kreiden und Papieren in unterschiedlichen Größen. Wer sich an den Tisch setzt, bekommt von ihr eine einfache Anweisung: Male deine größte Angst.
Erzähl mal, was zeigt dein Bild? Welche Angst ist das?
Das bin ich, hilflos, wenn ich nichts machen kann, wenn es Freunden schlecht geht.
Das ist ein sehr ehrliches Bild. Und das ist ein schweres Gefühl, hilflos zu sein, wenn’s anderen schlecht geht. Es zeigt, dass du mitfühlst. Und jetzt, wenn du magst, mal was, das dich stark macht. Etwas, das dich wieder ruhig werden lässt, wenn du dich so fühlst.
Anni malt ein weiteres Bild
Das hier sie deutet auf das erste Blatt. ist diese Art von Angst, die aus Liebe kommt. Der Wunsch, helfen zu wollen, und das Gefühl, dass es nie genug ist. Das ist eine schwere Angst, weil sie zeigt, dass dir Menschen wirklich etwas bedeuten. Dann sieht sie auf das zweite Bild, auf dem Anni ihre Ziegen im Arm hält. Und das hier: das ist der Gegenton. Das ist Zuwendung, die nicht retten muss, um echt zu sein. Dieses Bild erinnert dich daran, dass Nähe und Liebe auch da sind, wenn du nichts lösen kannst. Darum machen wir das so. Erst das, was schwer ist, dann das, was dich trägt. Damit du siehst, dass beides nebeneinander Platz hat und dass du in keinem von beiden verloren bist.
Anni schluchzt. Es wäre alles viel einfacher, wenn mir andere einfach egal wären.
Ja… manchmal wär’s leichter, wenn man weniger fühlen würde. Aber, dass dir andere nicht egal sind, das ist genau das, was dich menschlich macht. Es ist manchmal schwer, aber es ist auch schön, dass du so bist.