Anni steht in ihrer Gärtnerei. Im Hinterzimmer. Das mit dem extra Schlüssel. Sie steht stumm da, blickt auf die abmontierten Hausen-Ortsschilder. Auf die fast leeren Samenpäckchen. Auf alle Bücher und Dokumente über Hausen, die die Bücherei hergegeben hat. Auf den schwarzen Hoodie und die olivefarbene Hassmaske, die sie gestern bei Kalle am Stand gekauft hat.
Sie seufzt. Irgendwie… kommt sie alleine nicht weiter. Es ist an der Zeit, sich Unterstützung zu besorgen. Aber… wer? Wer würde sie verstehen, ihr helfen, ohne sie zu verraten? Fieberhaft geht sie Person für Person in Hausen durch. Wägt ab. Moment… Flüstert sie. Überlegt… Ja… ja, das könnte… eventuell klappen.
Weißt du, jeder hat Geheimnisse. er lächelt und nicht alle müssen erzählt werden. Manche schützt man einfach, weil sie zu einem gehören.
Aber wenn ein Geheimnis schwer wird, dann sollte man es teilen. Es gibt immer eine Lösung, immer jemanden, der es mittragen kann.
Er lehnt sich zurück, fast verlegen.
Vielleicht hab ich mir genau deshalb dieses riesige Haus gekauft. Ich dachte, Platz macht die Stille kleiner. Tat es nicht.
Manchmal ist ein voller Tisch leichter zu ertragen als hundert leere Zimmer.
Er schaut Anni tief in die Augen. Wie ist es bei dir? Behalten oder teilen, was machst du mit deinen Geheimnissen?
Anni starrt in ihren Kakao. Es ist nicht so, dass sie denken würde, dass er schlecht mit ihrem Geheimnis umgehen würde… sie weiß nur nicht, ob er auf ihrer Seite wäre. Sie beißt in das Franzbrötchen, Stille bleibt über der Szene schweben.
Maximilian merkt das irgendetwas Anni belastet. Er weiß nicht ob sie die Andeutung vorhin verstanden hat und beschließt die Situation zu verlassen um ihr kein schlechtes Gefühl zu geben. Er steht auf, bedankt sich und zieht seine Jacke an. Heraus fällt ein Sechskantschlüssel für eine M6 schraube und einer für eine M8 Schraube. Ähh. Ups. Ich muss los. Er hebt sein Werkzeug auf und geht langsam Richtung Tür.
Oh äh sorry ich wollte dich mit meinem Schweigen nicht verjagen. Ich hab nur… nachgedacht. Ich glaube ein bisschen zu lang. Anni schaut auf die Inbusschlüssel. Du scheinst… auch noch Pläne zu haben? Dann… bis bald Maxi. Danke für den Kakao. Und das Franzbrötchen. Das war wirklich nett.
Äh ja… Ich… ich… Maximilian stammelt, als würde er überlegen, ob er das wirklich laut sagen sollte. Dann seufzt er leise. Ach, was soll es. Ich wollte gleich das Anlieger frei-Schild abschrauben, damit ich sieben Minuten schneller zuhause bin.
Er hebt entschuldigend die Hände, als wäre das alles ganz vernünftig. Technisch gesehen ziemlich illegal… Aber es schadet ja niemandem.
Mit einem kurzen, fast schuldbewussten Lächeln geht er Richtung Tür, pfeift leise und schaut noch einmal zurück. Manchmal macht man einfach nicht ganz durchdachte Dinge.
Anni lacht schallend los. Pass nur auf, Franzi fährt zu gruseligen Zeiten draußen Fahrrad.