Anni steht in ihrer Gärtnerei. Im Hinterzimmer. Das mit dem extra Schlüssel. Sie steht stumm da, blickt auf die abmontierten Hausen-Ortsschilder. Auf die fast leeren Samenpäckchen. Auf alle Bücher und Dokumente über Hausen, die die Bücherei hergegeben hat. Auf den schwarzen Hoodie und die olivefarbene Hassmaske, die sie gestern bei Kalle am Stand gekauft hat.
Sie seufzt. Irgendwie… kommt sie alleine nicht weiter. Es ist an der Zeit, sich Unterstützung zu besorgen. Aber… wer? Wer würde sie verstehen, ihr helfen, ohne sie zu verraten? Fieberhaft geht sie Person für Person in Hausen durch. Wägt ab. Moment… Flüstert sie. Überlegt… Ja… ja, das könnte… eventuell klappen.
Anni lacht laut los. Das ist… total nett, Maxi! Und riecht immernoch köstlich. Danke dir!! Ich glaube, dein Kakao ^oder Kaffee?^ ist leider inzwischen kalt geworden.
Hast du eine Herdplatte? Dann machen wir uns den nochmal warm. Maximilian lächelt bis über beide Ohren.
Klar. Lass uns mal ins Wohnzimmer gehen, ich bin hier sowieso fertig in der Gärtnerei. Anni hält Maxi die Durchgangstür auf.
Danke fürs Türaufhalten. Er stellt die Becher auf die Herdplatte und dreht vorsichtig den Regler hoch. Ich hab das Franzbrötchen wirklich eben erst gemacht. Also… für dich. Nicht dass du denkst, ich lauf hier ständig mit Backwaren durch die Gegend. Er lacht leise, ein bisschen nervös.
Ich dachte… du kannst vielleicht etwas Süßes gebrauchen. Du wirkst in letzter Zeit so… angespannt. Und wenn ich schon nichts gegen Geheimnisse tun kann, dann zumindest gegen leere Mägen.
Der Kakao beginnt langsam zu dampfen.
Anni zuckt ein bisschen zusammen. Wie äh angespannt? Geheimnisse? Wie kommst du da drauf? Ich hab nur… viel zu tun, auf Arbeit und so. Das ist… wirklich nett mit dem Franzbrötchen. Und dem Kakao. Und sowieso, dem Besuch. Anni lächelt Maxi an, schenkt den beiden den warmen Kakao wieder ein und setzt sich. Wie läuft’s bei dir so? Mit dem Haus, und überhaupt? Wohnt da jetzt Berti drin?
Berti wohnt jetzt wirklich in meinem Haus. Das war mir irgendwann zu viel Trubel so ganz alleine. Da ist es dann plötzlich sehr leer geworden. Und zu leer macht den Kopf laut.
Er spielt am Becher etwas herum.
Komisch eigentlich. Die ganzen Gedanken drängeln nicht so, wenn ich in
deiner Näheder Gärtnerei bin. Als hätten sie hier einfach weniger Platz.Maximilian merkt gerade was er da von sich gegeben hat und lächelt ein bisschen verlegen in der Hoffnung das Anni nichts merkt und sagt scherzhaft
Und du? Was hast du für Geheimnisse die keiner wissen soll?
Anni stutzt einen kleinen Moment, beschließt dann aber, vorerst nicht auf Maxis einen Satz einzugehen.
Deshalb… mag ich Pflanzen und Tiere so gern. Man sollte mit dem Kopf ganz bei ihnen sein und naja… die Gedanken können nicht so viel Karussell fahren. Aber sag mal… warum hast du dir denn dann so ein Riesenhaus gekauft, in dem die Stille dreimal so laut ist? Sie schlürft an ihrem Kakao und schaut Maxi mit ehrlichem Interesse an.
Geheimnisse… wären schlechte Geheimnisse, wenn man sie weiterverrät, oder? Sie grinst ein bisschen. Also nur, falls ich welche hätte.
Weißt du, jeder hat Geheimnisse. er lächelt und nicht alle müssen erzählt werden. Manche schützt man einfach, weil sie zu einem gehören.
Aber wenn ein Geheimnis schwer wird, dann sollte man es teilen. Es gibt immer eine Lösung, immer jemanden, der es mittragen kann.
Er lehnt sich zurück, fast verlegen.
Vielleicht hab ich mir genau deshalb dieses riesige Haus gekauft. Ich dachte, Platz macht die Stille kleiner. Tat es nicht.
Manchmal ist ein voller Tisch leichter zu ertragen als hundert leere Zimmer.
Er schaut Anni tief in die Augen. Wie ist es bei dir? Behalten oder teilen, was machst du mit deinen Geheimnissen?
Anni starrt in ihren Kakao. Es ist nicht so, dass sie denken würde, dass er schlecht mit ihrem Geheimnis umgehen würde… sie weiß nur nicht, ob er auf ihrer Seite wäre. Sie beißt in das Franzbrötchen, Stille bleibt über der Szene schweben.