Marianne kommt langsam die Treppe hinunter, die in ihr „Etablissement“ führt. Bedächtig schaut sie sich um. Aus einer der Nischen dringt bereits geschäftiges Treiben, vermutlich hat „die dralle Brunhilde“ den Pfarrer zu Gast. Der erscheint aus Diskretionsgründen ja immer schon vor der offiziellen Öffnungszeit. Die Mönche des Klosters Dübelfingen sind da nicht so verklemmt … oder vielmehr: waren es. Seitdem ein Großteil von ihnen vom Fleckfieber dahingerafft wurde, ist Mariannes Umsatz deutlich eingebrochen. Sie darf nicht vergessen, die Bestellungen für Bier, Wein und Met zu reduzieren.
Eigentlich ist Marianne eher zufällig in dieses Gewerbe geraten. Seit ihr Mann vor zwölf Jahren an einem entzündeten eingewachsenen Zehennagel verstorben ist, auch mehr als zwölf Aderlässe und ein 40-stündiges Gebet konnten ihn nicht retten, war sie gezwungen, für sich und ihre Tochter Charlotte selbst zu sorgen. Nun führt sie das erfolgreichste Etablissement im ganzen Kleebachtal.
Doch auch Mariannes Leben ist nicht ohne Sorgen. Charlotte sollte mit ihren inzwischen 13 Jahren längst verheiratet sein, doch derzeit ist kein geeigneter Kandidat in Sicht, was natürlich auch an Mariannes gesellschaftlicher Stellung liegt. Sollte sich nicht bald ein heiratswilliger Mann finden, bleiben Marianne nur zwei Möglichkeiten: die Tochter in das Geschäft aufzunehmen oder sie doch ins Kloster zu geben. Während sie den Wein noch ein wenig mit Bleizucker süßt, denkt sie über ihre Zukunft nach.
Nachdem Roderick noch zwei weitere Dörfer besucht und die Abgaben verkündet hat, reitet er, diesmal ohne großen Auftritt und einen versteckten Pfad nutzend, wieder ins Hausener Dörfchen und betritt das Hurenhaus. Er funkelt Marianne an. Bier, Weib!
Roderick schlägt mit der Faust auf den Tisch. Bist du taub, Weib? Bring mir Bier!
Rudolfs Knappe, Nathan aus Wolfsau, steht genervt in der Tür: Bringen sie einmal ihr Haus zur Ruhe, die Schuldschaft will schlafen! Wenn nicht bald Ruhe ist, werden sich die Herren es selbst schaffen!
Bea eilt schnell vorbei. Sie möchte ihre Vergangenheit in der langen Lanze lieber vergessen
Bea…Marianne steht in der Tür…wieder mal auf der Suche nach ein paar Kupferstücken?
Das muss ich nicht mehr seit meiner Hochzeit Vanja sieht mitleidig in Mariannes Richtung




