In den Chroniken des Kleebachtals wird berichtet vom Hause McKäsi, dessen Name über Generationen hinweg auf Burgen und Bannern prangte. Doch wer den Hof betritt, spürt sogleich, dass der Glanz des Hauses trügt, denn hinter den Mauern liegen Schatten, die länger sind als jeder Winter.

Stacy von McKäsi, einzig verbliebene Erbin, erblickte das Licht der Welt unter unheilvollen Zeichen. Ihre Mutter, die holde Lady Antonella, verschied am Wochenbett, kaum dass die Hebamme ihr die Kinder in die Arme gelegt hatte. Seit jenem Tage trägt der Burgherr Anton eine Schwärze im Gemüt, die selbst die besten Weine nicht aufzuhellen vermögen.

Noch größer ward sein Gram, als auch sein Sohn, der kleine Stacey, das Fieber nicht überlebte. Er war kaum zwei Winter alt, als man ihn in der Familiengruft zur Ruhe bettete. Von jenem Tage an sprach Anton selten ein Wort über seine Kinder - außer jenes, das wie ein Fluch durchs Gemach zog: “Der falsche blieb.”

So wuchs Stacy heran in einer Burg voller Stille, in der die Dienstboten leise traten und die Mägde ihr Lächeln wie eine Schuld versteckten. Ihr Vater, unfähig zu Liebe und noch weniger zu Vergebung, sah in ihr nur die Bürde eines Mädchens, das nie der Erbe sein konnte, den er sich wünschte.

Als Stacy ihr vierzehntes Lebensjahr erreichte, bemühte sich Anton, sie einem benachbarten Adelsgeschlecht zur Frau zu versprechen. Doch Verträge verzögerten sich, Boten erkrankten, ein Konflikt zwischen den Häusern entzweite die Parteien und so blieb der Handel unvollendet. Vier Jahre später aber rückt der Vollzug der Verlobung näher denn je. Die Burg flüstert bereits davon, als lägen die Ringe schon bereit auf dem Altarstein.

Doch Stacy? Die junge Maid hat anderes im Sinn: Stacy zeigte schon früh einen eigenwilligen Geist. Sie verbringt ihre Tage selten dort, wo sie hingehört. Nicht im Frauengemach, stattdessen fand man sie mehr als einmal in der Schneiderkammer - ein Ort, den Damen von Stand nicht zu betreten hatten.

Sie stibitzte Stoffreste, kritzelte Linien auf Pergament, nähte Saum um Saum zu später Stunde, wenn selbst die Ratten schliefen. Die Mägde schwiegen darüber, wohl wissend, dass der Burgherr solch Tun mit Schande gleichsetzen würde.

Doch nicht allein Stoffe stehlen ihre Gedanken. Denn im Stall arbeitet ein junger Bursche, Frederik genannt - von allen „Gauner“ gerufen, ein schlauer Bursche mit schnellem Mundwerk und noch schnelleren Fingern. Stacy aber sucht jede Gelegenheit, ihm zu begegnen. Sie trägt Wasser zum Stall, obwohl dies der Magd obläge. Sie fragt nach den Pferden, obwohl sie deren Namen längst kennt. Und Freddy - so tuscheln die Knechte - scheint nicht abgeneigt, wenn die Herrin ihm länger in die Augen blickt, als es sich ziemt. Würde Anton davon erfahren, er würde den Jungen ohne Mantel in die Nacht jagen.